Preiskategorien
Der Deutsche Krebspreis wird in vier Kategorien vergeben:
- in der experimentellen onkologischen Grundlagenforschung (experimenteller Teil),
- in der Transferforschung (Transfer experimenteller Grundlagenforschungsergebnisse in den klinischen Bereich – translationaler Teil),
- in der Tumordiagnostik und -behandlung (klinischer Teil).
- für Versorgungsforschung.
Experimentelle Forschung ‒ was ist das?
Alles beginnt mit einer Idee. Bei der experimentellen Forschung geht es meist um Grundlagenforschung im Labor. Es wird beispielsweise der Frage nachgegangen, wie Krebs entsteht und welche Signale zum Tumorwachstum beitragen. So können etwa grundlegende Mechanismen zur Krebsentstehung entschlüsselt werden, die dann später als Grundlage für die Erforschung neuer Therapien dienen.
In der Krebsmedizin ist die Arbeit von Professor Dr. Thomas Brabletz ein gutes Beispiel für experimentelle Forschung: Brabletz erforscht die Entstehung von Metastasen und schlug als einer der ersten Wissenschaftler ein Metastasierungsmodell vor, bei dem migrierenden Krebsstammzellen eine wesentliche Bedeutung zukommt. Er fand heraus, dass ein bestimmtes Schlüsselmolekül, der Transkriptionsfaktor ZEB1, eine Vielzahl an Genen aktiviert, die ein aggressives Tumorwachstum bewirken. Seine Arbeiten sind ein Durchbruch im Verständnis der Mechanismen bei der Invasion, Ausbreitung, Absiedelung und Therapieresistenz von Metastasen. Hierfür wurde er 2018 mit dem Deutschen Krebspreis/experimentelle Forschung ausgezeichnet.
Translationale Forschung ‒ was ist das?
Vom Reagenzglas bis hin zur Zulassung eines Medikaments dauert es oftmals zehn Jahre. Der gesamte Forschungsweg – quasi der Transfer – vom Labor über klinische Studien bis hin zur Versorgung von Patient*innen wird als translationale Forschung bezeichnet. Das Ergebnis translationaler Forschung können etwa neue Therapieverfahren, Arzneimittel oder Diagnostika sein, die die Versorgung von Krebspatient*innen verbessern.
Ein anschauliches Beispiel für translationale Forschung in der Krebsmedizin ist die Arbeit von Prof. Dr. Ugur Sahin, der Pionierarbeit bei der Entwicklung personalisierter Krebsimpfstoffe geleistet hat. Im Labor erforschte er zunächst Tumorstrukturen, die sich als Ziele für Immuntherapien eignen. In Phase-I-Studien konnte er zeigen, dass die Verabreichung des Impfstoffs bei Hochrisikopatienten mit Melanom im Endstadium starke Immunantworten sowie eine vielversprechende Antitumoraktivität auslöst. Sahin erhielt für seine Arbeit im Jahr 2019 den Deutschen Krebspreis/translationale Forschung. Von dem Know-how, das Sahin und seine Mitarbeiter*innen bei der Entwicklung von mRNA-Impfstoffen gegen Krebs sammeln konnten, profitieren wir heute bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie.
Klinische Forschung ‒ was ist das?
Bevor ein neues Therapieverfahren oder Arzneimittel zugelassen wird, muss es zunächst auf Wirksamkeit, Sicherheit und Verträglichkeit untersucht werden. Laborforschung allein reicht für diese Fragestellungen nicht aus. Wenn sich die medizinische Innovation im Tiermodell oder in Zellkulturen als vielversprechend erwiesen hat, dann folgen klinische Studien zur weiteren Überprüfung. In Phase-I-Studien stehen Untersuchungen zur Sicherheit und Verträglichkeit im Vordergrund – bei einem Krebsmedikament erfolgen diese Untersuchungen meist an wenigen Patient*innen mit einer fortgeschrittenen Erkrankung, für die es noch keine wirksame Therapie gibt. Sollte sich zeigen, dass ein neuer Wirkstoff mehr schadet als nutzt, wird die Studie umgehend abgebrochen. In den Phasen II und III geht es dann unter anderem um die Dosierung und die Wirksamkeit bei einer größeren Anzahl von Erkrankten – auch im Vergleich zu bereits etablierten Therapien. So kann untersucht werden, ob etwa ein neues Krebsmedikament einen höheren Nutzen gegenüber einer Vergleichstherapie hat.
Als Beispiel für die klinische Forschung dient die Arbeit von Prof. Dr. Hartmut Goldschmidt. Unter seiner Leitung untersucht die German Speaking Myeloma Multicenter Group seit 1996 in klinischen Studien verschiedene Erkrankungsphasen von Personen, die an einem multiplen Myelom erkrankt sind: vom asymptomatischen Stadium über das neu diagnostizierte multiple Myelom bis zur mehrfach vorbehandelten Erkrankung. Durch die Integration modernster Therapiebausteine gelang es der Gruppe, den Anteil der Myelompatient*innen mit einer kompletten Remission und langer Remissionsdauer deutlich zu erhöhen. Für seine Arbeit wurde Goldschmidt 2018 mit dem Deutschen Krebspreis/klinische Forschung geehrt.
Versorgungsforschung ‒ was ist das?
Im Jahr 2024 wurde erstmals ein Sonderpreis für Versorgungsforschung in der Onkologie durch die Deutsche Krebsgesellschaft verliehen, seit 2025 ist Versorgungsforschung eine vollwertig Kategorie des Deutschen Krebspreises. Die Versorgungsforschung nimmt in den letzten Jahren eine zentrale Rolle in der patientennahen Betrachtung onkologischer Versorgung ein. Sie ist unerlässlich für die Weiterentwicklung der Versorgung von Krebspatient*innen. Als fachübergreifendes Forschungsgebiet untersucht die Versorgungsforschung sowohl die Alltagsversorgung als auch komplexe Interventionen. Dies geschieht im Kontext der Versorgungsstrukturen und stellt konsequent die Betroffenen- und Populationsperspektive in den Mittelpunkt.
Der Deutsche Krebspreis für Versorgungsforschung soll an Persönlichkeiten verliehen werden, die sich diesen Herausforderungen stellen, die neue Therapien, Versorgungsangebote und -strukturen an Patientinnen und Patienten weitergeben und die Patientenzentrierung in der Onkologie durch ihre Arbeit stärken. Es soll das Ziel verfolgt werden, die onkologische Versorgung in Deutschland im Sinne der Patient*innen zu verbessern.