"Wir untersuchen, welche Behandlungsreihenfolge zu den besten Ergebnissen führt."
Prof. Rödel ‒ herzlichen Glückwunsch zum Deutschen Krebspreis 2024! Wie würden Sie Ihren Nachbarn Ihren Forschungsschwerpunkt beschreiben?
Tumoren werden interdisziplinär behandelt, das heißt, eine Vielzahl von Expertinnen und Experten aus verschiedenen Fachrichtungen, wie Radiologie, Chirurgie, internistische Onkologie, Radioonkologie, arbeiten teils nacheinander, teils miteinander an der optimalen Behandlung des bösartigen Tumors einer Patientin oder eines Patienten. Beim Rektumkarzinom untersucht unsere Studiengruppe seit Jahren in klinischen Studien, welche Sequenz der Behandlungsbausteine die beste Wirksamkeit oder die niedrigsten Nebenwirkungen aufweist.
Welches Ihrer Forschungsergebnisse hat Sie selbst besonders überrascht oder beeindruckt?
Wir haben in unseren Studien insbesondere die neoadjuvante, also präoperative Behandlung des Enddarmtumors etabliert und dann schrittweise weiter verbessert. Interessanterweise hatte allein die Umstellung der Behandlungssequenz – also erst Vorbehandlung mit Radio-/Chemotherapie, dann Operation versus erst Operation, dann Nachbehandlung – weitreichende Auswirkungen auf die Tumorheilung, die Nebenwirkungsraten sowie auf funktionelle Aspekte, wie zum Beispiel die Schließmuskelfunktion.
Wie können Betroffene von ihrer Forschung profitieren?
In welcher Sequenz und ob überhaupt die jeweiligen Behandlungsmodalitäten zum Einsatz kommen müssen, wird zunehmend komplex und ausdifferenziert. Durch unsere klinische Forschung konnten wir dazu beitragen, ein evidenzbasiertes Wissen zu generieren, das Betroffenen und ihren Ärztinnen und Ärzten dabei hilft, die für sie beste Behandlungsalternative zu wählen.
Was ist Ihr nächstes Forschungsziel?
Durch die stetige Verbesserung der neoadjuvanten Radio-/Chemotherapie konnten wir feststellen, dass bei einem nicht geringen Anteil der Betroffenen nach der Operation auch mikroskopisch keine vitale Tumorzelle mehr festgestellt werden konnte. Zunehmend entwickelt sich so ein neues Konzept, nämlich der Verzicht auf eine Operation mit Aussicht auf einen langfristigen Organerhalt für Patientinnen und Patienten mit exzellentem Tumoransprechen auf die neoadjuvante Therapie. Für wen diese Option unter welchen Bedingungen in Frage kommt, wird derzeit weltweit und auch in unserer Studiengruppe intensiv erforscht.